Radsportler Manfred Kuen


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Karwendelmarsch 2011

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Bitte keine Geburtstagsgeschenke, oder wenn die Hölle auf Erden kommt...!!!

Am 2.November 2010, als mir meine große Schwester Gabi zu meinem 40 Geburtstag gratulierte und ein Geschenk überreichte, wurde mir klar, man sollte nicht immer alles aussprechen was man sich denkt.
Denn unter anderem war ein Startplatz beim legendären Karwendelmarsch dabei. Mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar, dass das Elend jetzt schon seinen Lauf genommen hat.
Na Ok, große Klappe da muss ich jetzt durch. So begann ich einmal die Woche 2-3 Stunden etwas flotter wandern zu gehen. Mir, drei Monate vor dem Karwendelmarsch überhaupt nicht bewusst, dass dies beiweiten zu wenig sein wird.
Erzählungen von meiner Schwester vom Jahr davor, wo es Dauerregen gab, ging mit einem Lächeln an mir vorbei und ich dachte mir, ja ja, immer Jammern!!
Drei Wochen vor Start, erhöhte ich meinen Trainingsumfang auf tägliches Wandern, mit meiner Frau Lydia. Immer noch nicht bewusst, es wird zu wenig sein.
Es war klar die Kondition wird ausreichen, aber als Radfahrer ist das Gehen eine total andere Belastung für die Muskeln und meine Angst war ein übler Muskelkater.
Gabi, immer wieder mit ihren Erzählungen vom Dauerregen vom letzten Jahr, bla bla bla...kosteten mir immer noch nur ein Lächeln.
So, endlich 27.8.2011 5 Uhr morgens ab nach Scharnitz, es war der erste und einzige Tag in vier Wochen Hochsommer, wo es, ääh... regnete und kalt war.
Im Unterbewußtsein hörte ich jetzt doch plötzlich Stimmen von Erzählungen meiner Schwester von Dauerregen...
6.00 Uhr ging es los in Scharnitz, zum 52 Kilometer und über 2200 hm entfernten Ziel in Pertisau am Achensee (http://www.karwendelmarsch.info/strecke/), über teilweise Hochalpinen Gelände.
Wir hatten einen sehr flotten Schritt. Das Wetter war schlecht aber es gab keinen Dauerregen, noch!
Kurz vor dem Karwendelhaus begann es zu regnen, nein eigentlich zu schütten. Egal weiter über die Falkenhütte in die Eng. Dass mir meine Beine nach 4 Stunden schon zwickten konnte ich vorerst noch unterdrücken, aber weiter, aufgeben gibt's nicht.
Knapp vor der Eng zuckten die Blitze über unseren Köpfen zusammen, gefolgt von Donner und Hagel. Endlich die Eng erreicht, nach etwa 6 Stunden Gehzeit, bei unwirdlichen Verhältnissen. Die Eng wäre der einzige Punkt gewesen um aus dem Marsch auszusteigen und Heim zufahren, darüber hatten sich im nachhinein betrachtet Gabi und ich eigentlich nie unterhalten.
Mein zwicken in den Beinen, weg, es wurde jetzt ein durchgehender Schmerz und der höchste Punkt soll jetzt erst noch kommen, der Gramai Hochleger auf 1756 Hm!!
Auf dem Weg dorthin kamen mir nicht zum ersten mal die Gedanken an den tödlichen Zugspitzlauf von 2008. Es begann zu schneien, enorme Kälte, also wirklich grenzwertige Verhältnisse. Das blöde an der Sache, man kann da nicht in ein Auto einsteigen und sagen ja ok ich gebe auf, also kein Jammern, entweder ins Ziel, oder... eine zweite Möglichkeit gab es in diesem Hochalpinengelände nicht.
Meine Probleme waren, soll ich Jammern wegen der Kälte oder wegen meinen schmerzenden Beinen, aber wen würde es jetzt interessieren?? Denn mein best bewärtes Team war diesmal nicht dabei.
Endlich oben am Hochleger der Schnee bereits liegen geblieben, runter am glitschigen Steig zur Labe Gramai Alm wo uns Bergrettunsleute Thermodecken unter die nasse Oberbekleidung wickelten. Die Helfer an den Laben sowie die Rettungsleute gaben ihr Bestes. Ein Riesenkompliement, bei dem Wetter den ganzen Tag freundlich auzuharren.
Die Decken taten ihren nützlichen Dienst, die wollte man nie wieder hergeben. Die ganzen abwärts Passagen sind wir gelaufen, ein Genuss für einen Oberschenkel eines Radfahrers der keinen Schritt läuft. Meiner Schwester, die das ganze Jahr im Training mit Laufen und Wandern steht, hatte da sichtlich weniger Probleme und ist die ewigen, letzten 3 flachen Kilometer ins Ziel gelaufen und unter 9 Stunden angekommen. Ich "genoss" die letzten Kilometer eher im Watscheln einer Ente und kam nach etwas über 9 Stunden ins Ziel.
Durchfroren aber glücklich im Ziel, tauschte ich meine heissgeliebte Thermodecke dann doch gegen trockene Sachen und die ersten Worte waren, mit vor Kälte zittriger Stimme: "Gabi braucht mir nie wieder was zum Geburtstag schenken!!" Wie wir im Ziel später hörten wurde die Veranstaltung in der Eng abgebrochen, eine für mich richtige Entscheidung aber vielleicht etwas zu spät.
Trotz allem ein unglaubliches Erlebnis und wieder sehr viel Erfahrung wieviel Pein und Qual ein Körper in extrem Situationen und mit menthaler Stärke und positiver Einstellung aushält und schaffen kann, ebenso wie toll es war mit Gabi meiner Schwester eine solche Tortur zu meistern und ich sogar fast ohne Jammern.
Danke nochmals für das "tolle" Geschenk und auf ein neues beim Karwendelmarsch 2012, aber eher ohne mich!!






© 2017 by Lydia Kuen | kuen.manfred@gmail.com

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